Inland

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) warnt vor einem Anstieg des „linken Antisemitismus“. Das Pendel habe „von rechts nach links ausgeschlagen“, sagte Edtstadler heute im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse auf US-Universitäten.

Der „linke Antisemitismus“ stehe jetzt auch hierzulande „im Fokus“, sagte sie. „Am linken Auge waren wir immer relativ blind, wir haben immer den Antisemitismus von rechts gesehen.“

Nach Ansicht Edtstadlers liegt ein Problem darin, dass es etwa zu gewissen Parolen wie „From the river to the sea, palestine must be free“ noch keine Judikatur gebe. Sie hofft, mit der Reform des Verbotsgesetzes bald erste Entscheidungen sehen zu können, „damit der Öffentlichkeit deutlich vor Auge geführt wird, dass das keine Kavaliersdelikte sind“, sondern „purer Antisemitismus ist“.

„Büchse der Pandora geöffnet“

Es scheine so, als habe der Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel eine „Büchse der Pandora geöffnet“, sagte Edtstadler mit Verweis auf den „explosionsartigen“ Anstieg bei antisemitischen Vorfällen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 waren es 1,97 Vorfälle pro Tag, im Zeitraum 7.10. bis 31.12. allein waren es 8,31 Vorfälle, wie aus Zahlen der Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) hervorgeht. „Wir haben das Ausmaß von Antisemitismus unterschätzt.“

„Es war uns immer bewusst, es ist eigentlich unmöglich, ein Ende des Antisemitismus herbeizuführen, aber es ist notwendig, konsequent und permanent dagegen anzukämpfen in unserer Gesellschaft“, sagte Edtstadler.

Smart Meter, die neuen Strommessgeräte, sind bis Ende 2022 deutlich langsamer als versprochen installiert worden. Außerdem kostete die Einführung gut doppelt so viel wie geplant, und der Zugriff auf die Daten gelang den Anbietern nur teilweise. Damit wurde die versprochene „Intelligenz“ nicht erreicht, schreibt der Rechnungshof (RH) in einem heute veröffentlichten Bericht.

Smart Meter hätten laut EU-Verordnung bis 2020 in 80 Prozent der Anschlüsse installiert sein sollen. Österreich wollte sogar 95 Prozent erreichen. Tatsächlich hatten 2022 erst 68 Prozent der Nutzer und Nutzerinnen moderne Geräte. Da aber viele Länder in Verzug waren, verlängerte die EU-Kommission die Frist für den Umstieg bis Ende 2024.

Ende 2023 waren allerdings schon 85 Prozent der Strommessgeräte ausgetauscht, bis Ende 2024 sollten 95 Prozent oder mehr Smart Meter haben, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber heute auf Anfrage der APA.

Kosten mehr als verdoppelt

Die Kosten für die Investitionen in Smart Meter stiegen von vorhergesagten 830 Millionen auf 1,78 Milliarden Euro – dazu kommen noch Betriebskosten, sodass die Einführung 2,18 Milliarden Euro gekostet hat, schreibt der Rechnungshof.

Kosten für Netzverluste und Finanzierungskosten seien darin noch nicht enthalten und würden von der E-Control auch nicht erhoben, es bestehe das Risiko, dass weitere Kosten anfallen. Im Durchschnitt aller Landesnetzbetreiber kostete ein Smart Meter in der Einführungsphase 330 Euro, so die Prüfer.

„Nutzen zeichnet sich noch nicht ab“

„Der Nutzen für Endkunden und Netzbetreiber sowie für die Volkswirtschaft zeichnete sich noch nicht ab oder nur in deutlich geringerem Ausmaß als erwartet“, heißt es im RH-Bericht. Es gab offenbar verbreitet Probleme mit der Datenübertragung: Ende 2022 kommunizierte jeder siebente Smart Meter nicht, in der Ausrollquote waren aber auch „nicht intelligente“ Geräte erfasst.

Keinem Betreiber gelang es, im Juli und August 2022 täglich alle Messgeräte auszulesen – zwei Landesnetzbetreiber erreichten an einigen Tagen überhaupt kein Messgerät.

Die Kommunikation laufe nicht stabil, „obwohl das Datenvolumen derzeit noch vergleichsweise niedrig ist“, kritisiert der RH. Denn Ende 2022 hatten nur 7,2 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten die viertelstündliche Auslesung mit täglich fast hundert Messwerten gewählt.

90 Prozent ließen sich standardmäßig einmal am Tag Messwerte liefern, der Rest nur einmal im Jahr. Die Nachfrage nach Daten im Viertelstundentakt steige aber.

Vor einem Jahr hat die überparteiliche Initiative „Love Politics“ einen neuen Lehrgang gestartet, mit dem in Zeiten von Politikverdrossenheit die Demokratie gestärkt und Polittalente aus Österreich, Deutschland und der Schweiz überparteilich für eine Karriere in der Politik ausgebildet werden sollten. Heute wurden die ersten 28 Absolventen und Absolventinnen vorgestellt.

1.200 Bewerbungen gab es für das u. a. von Ex-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ), Judith Pühringer (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS) mitbegründete Angebot, nun schlossen die ersten 28 Absolventen ab. Auch der Ehrenpräsident des proeuropäischen Forums Alpbach, Franz Fischler (ÖVP), ist einer der Mitgründer.

Mehr Fehlerkultur im Politbetrieb

Es gebe Phasen, in denen könne man durchaus an der Politik verzweifeln, so Fischer heute bei einer Pressekonferenz mit Verweis etwa auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den Gaza-Krieg. Trotzdem brauche es ein gewisses Selbstbewusstsein, dass auch schwierige Probleme in aller Regel lösbar seien.

Ziel des „Love Politics“-Lehrgangs ist es, mehr Menschen mit vielfältigen Hintergründen (Geschlecht, Alter, Bildung, Herkunft) und auch mehr Fehlerkultur in den politischen Betrieb zu bekommen.

„Weg ins Ungewisse wagen“

„Man muss die Fähigkeit haben, den Weg ins Ungewisse zu wagen“, beschrieb Curriculumsverantwortlicher Winfried Kneip die Voraussetzungen für Politikerinnen und Politiker im 21. Jahrhundert.

Immerhin müsse man die Lösungen für die heutigen Probleme erst finden, und angesichts der hochkomplexen Herausforderungen würden dabei nun einmal auch Fehler passieren.

Um „Love Politics“ künftig ausbauen zu können, brauche man finanzielle Unterstützung, warb Projektleiterin Sonja Jöchtl. Bisher kommt das Geld aus Stiftungen und Fördergeldern aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Ausland

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Washington hat US-Präsident Joe Biden Japan und Indien in einer Reihe mit China und Russland als „fremdenfeindlich“ bezeichnet und damit für Erstaunen und Verwirrung gesorgt.

„Warum geht es China wirtschaftlich so schlecht? Warum ist Japan in Schwierigkeiten? Warum ist Russland in Schwierigkeiten? Und Indien? Weil sie fremdenfeindlich sind“, sagte Biden dem gestern veröffentlichen Redemanuskript zufolge.

Die US-Wirtschaft wachse dagegen unter anderem, weil das Land Einwanderer aufnehme, sagte Biden. Die Veranstaltung anlässlich des Monats zum asiatisch-amerikanischen, hawaiianischen und pazifischen Kulturerbe (Asian American, Native Hawaiian, and Pacific Islander Heritage Month), die bereits am Mittwoch stattfand, wurde weder gefilmt noch aufgezeichnet, lediglich eine kleine Gruppe von Medienleuten berichtete darüber.

Während China und Russland als Gegner der USA gelten, überraschen Bidens Äußerungen über die Verbündeten Japan und Indien. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2021 hatte der US-Präsident die Beziehungen zu den beiden Ländern sogar verstärkt.

Das Weiße Haus sagte, Biden habe mit seiner Aussage zum Ausdruck bringen wollen, „dass die Vereinigten Staaten eine Nation von Einwanderern sind und dass dies in unserer DNA liegt“. „Unsere Verbündeten wissen sehr gut, wie sehr der Präsident sie respektiert, ihre Freundschaft schätzt und ihre Beiträge schätzt“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Bei den propalästinensischen Protesten an etlichen Universitäten in den USA sind laut Medienangaben in den vergangenen Wochen mehr als 2.000 Menschen festgenommen worden. Seit dem 18. April seien Festnahmen an mehr als 40 Hochschulen in mindestens 25 der 50 US-Staaten registriert worden, berichtete CNN. An zahlreichen weiteren Unis habe es Proteste, aber keine Festnahmen gegeben.

Bei den Protesten geht es meist um die konkrete Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Kritiker und Kritikerinnen werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor.

US-Präsident Joe Biden hatte Gewalt bei den Protesten gestern in einer Rede im Weißen Haus aufs Schärfste verurteilt. „Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen“, sagte Biden.

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Auch in anderen Staaten finden propalästinensische Protestaktionen statt. In den kanadischen Städten Toronto, Montreal und Vancouver errichteten Studierende nach Angaben von CTV News Protestcamps.

In australischen Millionenstädten wie Sydney und Melbourne demonstrieren Studierende laut ABC News ebenfalls. In Europa erwiesen sich vor allem Universitäten in Großbritannien und Frankreich als Orte des Protests.

Onlinebetrieb an Pariser Eliteuni

Die Pariser Polizei schritt heute gegen einen propalästinensischen Sitzstreik an der Elitehochschule Sciences Po ein. Wie die AFP berichtete, versuchten die Beamten, Dutzende Demonstranten und Demonstrantinnen aus der Eingangshalle der Universität zu entfernen. Ein Student sagte, zu Beginn der Polizeiaktion hätten sich etwa 50 protestierende Studenten in dem Gebäude aufgehalten. Fernsehbildern zufolge schien die Räumung friedlich zu verlaufen.

Die Sciences Po hatte nach Spannungen wegen propalästinensischer Solidaritätskundgebungen am Freitag auf Onlinebetrieb umgestellt. Die meisten Gebäude blieben geschlossen, die Polizei sperrte auch eine Zufahrtsstraße ab.

Das deutsche Auswärtige Amt hat als Reaktion auf einen russischen Cyberangriff auf die SPD im vergangenen Jahr den amtierenden Geschäftsträger der russischen Botschaft einbestellt. Die Einbestellung sei ein diplomatisches Signal, um „Moskau deutlich zu machen, dass wir dieses Vorgehen nicht akzeptieren, deutlich verurteilen und uns da auch Konsequenzen vorbehalten“.

Bei dem Geschäftsträger handelt es sich nach dpa-Informationen um Alexej Korljakow. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte, die deutsche Regierung verurteile die wiederholten und inakzeptablen Cyberangriffe durch staatlich gesteuerte russische Akteure auf das Schärfste.

Gruppe laut Berlin Teil von Militärgeheimdienst

Die Aktionen der Cybergruppe APT28 könnten auf Grundlage belastbarer Informationen der deutschen Nachrichtendienste konkret dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet werden, sagte Büchner. Die Kampagne richte sich auch gegen Regierungsstellen sowie Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Rüstung, Luft- und Raumfahrt, IT-Dienstleistungen sowie Stiftungen und Verbände.

„Sie war gegen Ziele in Deutschland und anderen europäischen Staaten sowie gegen Ziele in der Ukraine gerichtet“, sagte er. APT28 sei auch verantwortlich für den Cyberangriff auf den Bundestag im Jahr 2015.

Die SPD hatte im Juni 2023 bekanntgegeben, dass E-Mail-Konten des SPD-Parteivorstands bereits im Jänner Ziel eines Cyberangriffs geworden seien. Möglich sei das durch eine zum Zeitpunkt des Angriffs noch unbekannte Sicherheitslücke beim Softwarekonzern Microsoft geworden, hieß es damals aus der SPD – und: „Es ist nicht auszuschließen, dass es zu einem Abfluss von Daten aus vereinzelten E-Mail-Postfächern kam.“

Basierend auf geleakten Geheimdokumenten hat die BBC berichtet, dass das iranische Regime hinter dem Tod einer 16-jährigen Aktivistin steckt. Männer, die für die iranischen Sicherheitskräfte arbeiteten, sollen die Demonstrantin Nika Schakarami sexuell missbraucht und getötet haben.

Das Dokument wurde eigenen Angaben zufolge von der BBC monatelang geprüft. Gestern wurde berichtet, dass die iranische Justiz nach Veröffentlichung des BBC-Berichts gegen „eine Reihe von Journalisten und Aktivisten“ Anklage erhoben habe.

Einer der Journalisten, Mohammed Parsi, teilte auf X (Twitter) mit, dass er von der Staatsanwaltschaft in Teheran vorgeladen worden sei, weil er einen Artikel über Schakarami und die Einzelheiten ihres Todes veröffentlicht habe.

Iran weist Berichte zurück

Von iranischer Seite wurden die Berichte zurückgewiesen. Die von der Justiz geleitete Nachrichtenagentur Misan bezeichnete die BBC-Recherche als „gefälscht, unrichtig und voller Fehler“. Der iranische Innenminister Ahmed Wahidi wies die Berichte als Komplott der Feinde des Iran zurück.

Der BBC-Bericht stützt sich auf ein internes Dokument, das eine Anhörung von Mitgliedern der Islamischen Revolutionsgarde zu Schakaramis Fall umfasst. Es soll die letzten Bewegungen des Mädchens nachzeichnen.

Bericht: Mit Schlagstöcken zu Tode geprügelt

Laut Bericht wurde sie nach der Teilnahme an einem Protest gegen das Regime vor knapp zwei Jahren von Mitgliedern einer paramilitärischen Gruppe festgenommen. Da sie sich dem Bericht zufolge gewehrt haben soll, sei sie mit Schlagstöcken zu Tode geprügelt worden.

Laut iranischen Medienberichten erklärte die Polizei hingegen, dass Schakarami von einem Hochhaus gestürzt und ihre Leiche erst am nächsten Tag von Nachbarn entdeckt worden sei. Diese Version wies Schakaramis Familie dezidiert zurück.

Wenige Wochen nach der Ankündigung eines Gesetzes zur Wehrpflicht hat die Militärjunta in Myanmar die Erteilung von Arbeitserlaubnissen im Ausland an Männer vorübergehend ausgesetzt.

Die Maßnahme sei notwendig, um „mehr Zeit für die Überprüfung der Ausreiseprozesse und für andere Fragen zu haben“, hieß es gestern Abend (Ortszeit) in einer Erklärung. Nach einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) arbeiteten im Jahr 2020 mehr als vier Millionen Menschen aus Myanmar im Ausland.

Im Februar hatte die Militärregierung erklärt, ein Gesetz erlassen zu wollen, mit dessen Hilfe alle Männer zwischen 18 und 35 Jahre für mindestens zwei Jahre zum Militärdienst einberufen werden können. Grund dafür sei die „aktuelle Situation im Land“, hieß es. Daraufhin hatten Medienberichten zufolge Tausende Menschen versucht, das Land zu verlassen.

Das Militär in Myanmar hatte 2021 die im Jahr zuvor mit großer Mehrheit gewählte Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt und den Ausnahmezustand verhängt. Die seitdem regierende Junta geht hart gegen Oppositionelle vor und kämpft gegen prodemokratische Widerstandsgruppen. Angaben von Aktivisten zufolge wurden seit dem Putsch mehr als 4.900 Menschen getötet und 26.000 festgenommen.

Die Konservativen des britischen Regierungschefs Rishi Sunak haben bei den Kommunalwahlen gestern eine schwere Niederlage kassiert. Teilergebnissen zufolge büßten die Torys mehr als die Hälfte ihrer bisherigen Gemeinderatssitze ein, während die oppositionelle Labour Party deutlich zulegen konnte.

Diese erzielte auch einen Erdrutschsieg bei der Unterhaus-Nachwahl in Blackpool. Labour-Politiker Chris Webb setzte sich mit 59 Prozent der Stimmen durch.

Zwölfte Niederlage dieser Legislaturperiode

Damit gab es bei der 13. Nachwahl der aktuellen Legislaturperiode bereits die zwölfte Niederlage für die Regierungspartei. Die Wahl in Blackpool war notwendig geworden, nachdem der konservative Abgeordnete Scott Benton wegen eines Lobbyskandals zurückgetreten war. Die Torys bekamen dafür die Rechnung präsentiert.

Sie büßten im Vergleich zur Wahl 2020 32 Prozentpunkte ein, ihr Kandidat David Jones erreichte nur noch 17,5 Prozent und konnte gerade noch den zweiten Platz vor dem Kandidaten der rechtspopulistischen Reform Party, Mark Butcher, halten, der auf 16,9 Prozent kam.

Die Wahl gilt als wichtiger Stimmungstest vor der Unterhauswahl, die spätestens im Jänner 2025 stattfinden muss. Sunak hat einen Wahltermin im zweiten Halbjahr als „wahrscheinlich“ bezeichnet, jüngst aber auch einen Termin noch vor dem Sommer nicht ausgeschlossen.

Wirtschaft

Die türkischen Verbraucherpreise sind im April so stark gestiegen wie seit rund eineinhalb Jahren nicht mehr. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 69,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das türkische Statistikamt heute mitteilte.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten sogar mit einem Anstieg auf 70,3 Prozent gerechnet, nachdem die Teuerungsrate im März noch bei 68,5 Prozent gelegen war. Allein von März auf April zogen die Preise um rund 3,2 Prozent an. Besonders für Bildung, Hotels, Cafes und Restaurants, Gesundheit, Verkehr sowie alkoholische Getränke und Tabak mussten die Menschen in der Türkei tiefer in die Taschen greifen.

Die türkische Zentralbank hat ihren Leitzins zuletzt ungeachtet der hartnäckig hohen Inflation nicht weiter erhöht. Sie beließ ihn in der vergangenen Woche bei 50 Prozent, nachdem er im März noch überraschend von 45 auf 50 Prozent angehoben worden war. Angesichts der verzögerten Wirkungen dieser geldpolitischen Straffung sei beschlossen worden, den Leitzins unverändert zu belassen, hieß es.

Die Währungshüter gehen davon aus, dass die Teuerungsrate im Mai mit 73 bis 75 Prozent ihren Höhepunkt erreichen könnte. Am Jahresende soll sie mit 36 Prozent nur noch etwa halb so hoch ausfallen.

Der US-Technologiekonzern Apple hat im vergangenen Quartal weniger Gewinn gemacht, die Marktprognosen jedoch übertroffen. Der iPhone-Hersteller aus Kalifornien erzielte nach eigenen Angaben von gestern in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres einen Gewinn von 23,6 Milliarden Dollar (rund 22 Mrd. Euro).

Der Umsatz lag bei 90,8 Mrd. Dollar. Beides ist zwar ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, dieser fiel jedoch weniger stark aus als erwartet. Der Konzern teilte mit, der Umsatz seines Flaggschiffs, des iPhone, ging im Jahresvergleich um zehn Prozent von 51,3 Milliarden Dollar auf 45,7 Milliarden Dollar zurück.

Ein Rückgang war angesichts des wachsenden Drucks aus China und der zunehmenden Konkurrenz durch Huawei erwartet worden. Ein Plus gab es hingegen im Dienstleistungsgeschäft, zu dem unter anderem der App Store und Streamingdienste gehören.

Ankündigungen zu KI in Aussicht gestellt

Apple kündigte zudem einen beispiellosen Aktienrückkauf im Volumen von 110 Milliarden Dollar an. Außerdem stellte Apple-Chef Tim Cook baldige Ankündigungen bei künstlicher Intelligenz in Aussicht. Die Aktie legte im nachbörslichen Handel um mehr als sechs Prozent zu.

Apple setzt KI-Funktionen zwar seit Jahren unter anderem bei den Kameras seiner iPhones ein. Bei der generativen KI, die selbst digitale Inhalte erzeugen kann, wird dem Konzern in der Branche aber ein Rückstand zu Pionieren wie dem ChatGPT-Erfinder OpenAI bescheinigt.

Ein reger Handel mit Kryptowährungen hat Coinbase einen Ergebnissprung beschert. Der Nettogewinn sei bei 1,2 Milliarden Dollar (1,12 Mrd. Euro) gelegen, teilte die größte US-Börse für Cyberdevisen gestern mit.

Im Vorjahreszeitraum war ein Verlust von 79 Millionen Dollar zu Buche gestanden. Die Aktie fiel im nachbörslichen Geschäft gestern dennoch um drei Prozent, nachdem sie den regulären Handel mit einem Plus von knapp neun Prozent beendet hatte.

Mit zahlreichen Klagen konfrontiert

Die US-Zulassung des ersten börsennotierten Fonds (ETF), der direkt in Bitcoin investiert, hatte die älteste und wichtigste Internetwährung in den vergangenen Monaten zeitweise auf ein Rekordhoch von gut 73.800 Dollar gehievt.

Insidern zufolge haben die Anträge für die Markteinführung ähnlicher ETFs auf die zweitwichtigste Cyberdevise Ethereum derzeit aber kaum Chancen auf Genehmigung.

Unabhängig davon sieht sich Coinbase mit zahlreichen Klagen konfrontiert. Unter anderem wirft ihr die US-Börsenaufsicht SEC vor, eine nicht lizenzierte Handelsplattform zu betreiben, da es sich bei Kryptowährungen um Wertpapiere handle. Diese unterlägen der Regulierung durch die SEC. Auch einige Kunden haben Coinbase wegen einer fehlenden US-Lizenz vor Gericht gezerrt.

Chronik

Nur wenige Wochen nach John Barnett (62) ist mit dem 45-jährigen Joshua Dean nach kurzer Krankheit ein weiterer Boeing-Whistleblower gestorben. Das berichteten die „Seattle Times“ und der „Guardian“.

Dean, ehemaliger Qualitätsprüfer beim Boeing-Zulieferer Spirit AeroSystems hatte dem Unternehmen gegenüber der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) „schwerwiegendes Fehlverhalten des Qualitätsmanagements“ vorgeworfen. Dean wurde im vergangenen Jahr entlassen.

Whistleblower: Keine Sicherheitskultur bei Boeing

Er behauptete in einer Beschwerde gegenüber dem Arbeitsministerium, dass die Kündigung im Zusammenhang mit seiner Kritik stehe. Der langjährige Boeing-Mitarbeiter Barnett hatte von „Metallsplittern“ über den Verkabelungen der Flugsteuerung berichtet. Sowohl Dean als auch Barnett wurde von derselben Anwaltskanzlei vertreten.

Erst im April sagte ein weiterer Boeing-Whistleblower, Sam Salehpour, vor dem Kongress aus, dass es bei Boeing keine Sicherheitskultur gebe und dass warnende Mitarbeiter, „ignoriert, marginalisiert, bedroht, an den Rand gedrängt (…)“ seien. Derzeit ermitteln die US-Behörden gegen Boeing, nachdem sich während des Flugs eine Tür einer Boeing 737 Max 9 gelöst hatte.

Science

China hat die Sonde „Chang’e 6“ auf den Weg zum Mond geschickt. Eine Rakete vom Typ „Langer Marsch-5 Y8“ hob heute vom Weltraumbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Tropeninsel Hainan ab. Die unbemannte Mondsonde soll auf der erdabgewandten Seite des Mondes landen und von dort erstmals Gesteinsproben zur Erde zurückbringen.

Es ist bereits die sechste Mondmission der Chinesen seit 2007. Zuletzt hatte „Chang’e 5“ 2020 Proben von der Vorderseite des Mondes zur Untersuchung zur Erde gebracht. Zuvor war 2019 mit „Chang’e 4“ erstmals ein Rover auf der Mondrückseite gelandet und hatte dort das Terrain erkundet.

Für die neue Mission ist geplant, dass der Orbiter zunächst in eine Mondumlaufbahn einschwenkt. Der abgesenkte Lander steuert dann das Zielgebiet im südpolaren Aitken-Becken an, wo er Proben nehmen soll.

Das gesammelte Material wird dann an das Aufstiegsmodul übergeben, das es zurück zum Orbiter bringt. Dann beginnt der Rückflug zur Erde. Insgesamt soll die Mission rund 53 Tage dauern.

Kultur

Der Bieterwettstreit um Paramount ist einem Zeitungsbericht zufolge eröffnet. Der japanische Unterhaltungskonzern Sony und der US-Finanzinvestor Apollo hätten ein unverbindliches, 26 Mrd. Dollar (rund 24 Mrd. Euro) schweres Angebot für den Filmstudio- und Streamingdienst-Betreiber abgegeben, schrieb das „Wall Street Journal“ heute. Insider hatten bereits vor einigen Wochen über entsprechende Pläne berichtet.

Paramount kämpft im Streaminggeschäft mit harter Konkurrenz von Firmen wie Netflix und Walt Disney und verhandelt seit einiger Zeit exklusiv mit Skydance über eine Fusion. Die Produktionsfirma steht hinter Filmerfolgen wie „Top Gun: Maverick“ oder „Mission: Impossible – Dead Reckoning Part One.“

Vor einigen Wochen hatte Apollo zunächst elf Mrd. Dollar für Paramounts Filmstudio geboten. Dort wurden unter anderem die „Star Trek“- und „Indiana Jones“-Filme gedreht. Im Dezember hatten Insider berichtet, dass Paramount einen möglichen Zusammenschluss mit Warner Bros Discovery ausgelotet habe.