Ausland

Am 200. Tag nach ihrer Entführung aus Israel in den Gazastreifen haben Angehörige und Unterstützer von mehr als hundert Geiseln mit einer Protestaktion in Tel Aviv auf ihr Schicksal aufmerksam gemacht.

Auf dem Platz vor dem Nationaltheater Habima legten sie sich heute unter anderem in einer Formation auf den Boden und hielten blutrot bemalte Hände in die Höhe.

zahlreiche Personen liegen auf dem Boden und halten blutrot bemalte Hände in die Höhe
AP/Ohad Zwigenberg

Am jüdischen Pessachfest, das an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei erinnert, gebe es für die Geiseln keine Freiheit, teilten die Familien nach Angaben der Nachrichtenseite Ynet mit. „Die Geiseln sterben weg, laut Schätzungen sind schon heute weniger als die Hälfte von ihnen noch am Leben.“

105 Geiseln freigelassen

Bei dem Massaker der islamistischen Terrororganisation Hamas und anderer extremistischer Organisationen im israelischen Grenzgebiet waren am 7. Oktober etwa 1.200 Menschen ermordet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt worden.

Im Laufe einer einwöchigen Feuerpause Ende November hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.

Bei Straßenprotesten fordern die Angehörigen seit Monaten von der Regierung einen weiteren Deal mit der Hamas zur raschen Freilassung der Geiseln. Die Hamas hat aber bisher alle Vorschläge internationaler Vermittler abgelehnt. Angehörige der Verschleppten werfen aber auch dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor, einem Geiseldeal im Wege zu stehen.

Trotz internationaler Warnungen rückt die von Israel angekündigte Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens einem Medienbericht zufolge näher.

Israel bereite sich darauf vor, Zivilisten und Zivilistinnen aus Rafah in die nahe gelegene Stadt Chan Junis und andere Gebiete zu bringen, berichtete das „Wall Street Journal“ gestern unter Berufung auf ägyptische Beamte, die über die israelischen Pläne informiert seien.

Zu diesem Zweck sollten Unterkünfte mit Zelten, Zentren zur Lebensmittelverteilung und medizinische Einrichtungen wie Feldlazarette eingerichtet werden, hieß es. Diese Evakuierungsaktion werde zwei, drei Wochen dauern und in Abstimmung mit den USA, Ägypten und anderen arabischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführt werden, hieß es.

Truppen sollen schrittweise verlegt werden

Israels Verbündete wie die USA haben eindringlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz jedoch für nötig, um die dort verbliebenen Bataillone der islamistischen Hamas zu zerstören. Anderenfalls könne die Terrororganisation wiedererstarken.

Israel plane, seine Truppen schrittweise nach Rafah zu verlegen und dabei Gebiete ins Visier zu nehmen, in denen sich nach Ansicht Israels Hamas-Führer und -Kämpfer verstecken, berichtete die Zeitung. Es werde erwartet, dass die Kämpfe mindestens sechs Wochen dauern werden.

In Haiti sind nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks (UNICEF) mehr als 58.000 Kinder wegen der zunehmenden Bandengewalt und des Regierungsvakuums vom Hungertod bedroht. „Die Lage in Haiti ist katastrophal und wird von Tag zu Tag schlimmer“, sagte UNICEF-Chefin Catherine Russell gestern vor dem UNO-Sicherheitsrat.

„Port-au-Prince ist inzwischen durch Luft-, See- und Landblockaden fast vollständig abgeriegelt.“ Zwei Drittel der Kinder in Haiti seien auf Hilfe angewiesen.

Zudem seien Frauen und Mädchen extrem von geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt betroffen. Nach Monaten eskalierender Bandenkriminalität und des Zerfalls staatlicher Institutionen hatte Ministerpräsident Ariel Henry seinen Rücktritt erklärt.

Ein Präsidialrat soll den unter politischer Instabilität und großer Armut leidenden Karibik-Staat zur Normalität zurückführen. Ein offizieller Termin für diesen Schritt steht allerdings noch aus. „Seit dem 8. März haben fast 100.000 Haitianer Port-au-Prince verlassen und sind auf der Suche nach Sicherheit vor Bandengewalt in die Regionen geflohen“, sagte die UNO-Sonderbeauftragte für Haiti, Maria Isabel Salvador, vor dem Sicherheitsrat.

Argentinien ist nach den Worten von Präsident Javier Milei auf dem besten Weg, die Staatsausgaben durch sein striktes Sparprogramm in den Griff zu bekommen. Er verkündete gestern erstmals seit 2008 wieder einen Quartalsüberschuss.

„Unser Plan funktioniert“, sagte der liberale Regierungschef in einer Fernsehansprache. Im ersten Quartal sei ein Plus von mehr als 275 Milliarden Pesos (rund 300 Mio. Euro) erzielt worden, was 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des Landes entspreche.

„Wir werden alles tun, um dieses Land aus der Hölle zu befreien, die wir geerbt haben“, sagte er mit Blick auf die Vorgängerregierungen, die er für die wirtschaftliche Misere des Landes verantwortlich macht.

Fachleute zweifeln an Nachhaltigkeit

Bei seinem Amtsantritt im Dezember hatte Milei der maroden Wirtschaft des südamerikanischen Landes eine Rosskur verordnet, um die dreistellige Inflationsrate zu senken und die langjährige Wirtschaftsflaute mit stetigem Peso-Verfall und wachsender Armut umzukehren. Wirtschaftsfachleute bezweifeln jedoch die Nachhaltigkeit von Mileis Maßnahmen zur Sanierung des Budgets.

Kritiker bemängeln zudem, dass Milei mit seinem harten Sparkurs zahlreiche Menschen in die Armut stürzt und beispielsweise mit den Kürzungen im Bildungssektor die Zukunft des Landes aufs Spiel setzt.

EU

Ein Mitarbeiter eines AfD-Mitglieds des EU-Parlaments ist nach Angaben der deutschen Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Spionage für China in Dresden festgenommen worden. Ihm werde Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt, teilte die oberste deutsche Anklagebehörde heute mit.

Der Beschuldigte Jian G. sei Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes und arbeite seit 2019 für ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments. Den Namen des Europaabgeordneten nannte die Bundesanwaltschaft nicht.

AfD: Meldungen „sehr beunruhigend“

Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um den Spitzenkandidaten der in Teilen rechtsextremen AfD bei der Europawahl im Juni, Maximilian Krah, aus Dresden.

Der vorläufig festgenommene Mitarbeiter werde im Laufe des Tages dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der über einen Haftbefehl und Untersuchungshaft entscheiden werde, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit.

Ein AfD-Sprecher bezeichnete die Meldungen über die Festnahme als „sehr beunruhigend“. „Da uns derzeit noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten“, teilte der Sprecher mit.

China weist Vorwürfe zurück

Peking wies die Spionagevorwürfe zurück. Die Anschuldigungen dienten dazu, „China zu verleumden und zu unterdrücken“, erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin. Es gehe darum, „die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu zerstören“.

Hinweise von Verfassungsschutz

Der Beschuldigte habe im Jänner 2024 wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im EU-Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weitergegeben, so die Bundesanwaltschaft. Zudem habe er für diesen chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht.

Der Hinweis auf den Beschuldigten kam nach Angaben der Anklagebehörde vom deutschen Bundesverfassungsschutz. Mit den polizeilichen Ermittlungen sei das Bundeskriminalamt beauftragt.

Inland

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat gestern Abend im ZIB2-Interview die Stadt Wien in der Frage der Verteilung von Asylberechtigten und ihren Angehörigen, die per Familiennachzug derzeit etwa aus Syrien kommen, verteidigt. Weil ein Gros der Asylberechtigten sich in Wien aufhält, gibt es in der von einer SPÖ-NEOS-Koalition regierten Bundeshauptstadt mittlerweile Probleme – etwa zu wenige Klassen in Schulen. Meinl-Reisinger forderte hier einen „österreichweiten Schulterschluss“. Eine Wohnsitzauflage widerspreche allerdings laut dem Juristen Walter Obwexer sowieso EU-Recht.

Aktuell wird über eine Wohnsitzauflage als Bedingung für den Bezug der Mindestsicherung für Betroffene diskutiert. NEOS fordert eine solche seit Langem, allerdings fehlt vor allem im Bund die Unterstützung anderer Parteien.

Eine Resolution der Stadtregierung, die den Bund zum Handeln auffordert, wird selbst von der SPÖ vor allem als Geste gesehen. Da müsse die Wiener SPÖ parteiintern Aufklärung leisten, ging Meinl-Reisinger hier auf Distanz.

Obwexer: Widerspricht EU-Recht

Die zuletzt auch von AMS-Chef Johannes Kopf ventilierte Idee der Wohnsitzauflage, die Wien finanziell und sozialpolitisch entlasten soll, hat allerdings laut dem Europarechtler Obwexer keine Chance auf Umsetzung. Denn wie dieser gegenüber der ZIB2 betonte, müssen laut EU-Recht Asylberechtigte gleich behandelt werden wie heimische Sozialhilfebezieher. Es müssten also auch letztere im Fall einer Umsetzung am Umzug in ein anderes Bundesland gehindert werden. Auf die rechtliche Problematik hatte zuvor bereits der grüne Sozialminister Johannes Rauch verwiesen.

Will auch FPÖ-Wähler überzeugen

NEOS-Chefin Meinl-Reisinger will nach den für ihre Partei ernüchternden Ergebnissen bei den Lokalwahlen in Salzburg und Innsbruck „nach vorne schauen“. „Wir haben fünf Monate Zeit“, sagte sie mit Blick auf die Nationalratswahl im Herbst. Sie warnte auch vor jenen Kräften, die Europa „zerstören wollen“.

Dazu, dass die FPÖ laut Umfragen großen Zulauf hat, sagte die Parteichefin: „Umfragen sind Umfragen.“ Sie wolle „gerade auch die Menschen ansprechen, die den Glauben an die Politik, an die Demokratie vielleicht auch, an die Lösungsfähigkeit der Politik verloren haben – und gerne auch FPÖ-Wählerinnen und Wähler, gerade auch in der Europawahl ansprechen, weil derzeit muss man ja wirklich sagen: Das, was die FPÖ da macht, ist der direkte Weg in die Armut Österreichs und keine gute Zukunft für uns.“

Nach der Cannabis-Teillegalisierung plant Deutschland die Einführung eines Grenzwertes des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) für Fahrzeuglenker und -lenkerinnen. In Österreich ist ein solches Limit nicht in Sicht, dafür gebe es keine Zustimmung der ÖVP, hieß es im Büro von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Die Feststellung einer Beeinträchtigung sei entscheidend, betonte der ÖAMTC, laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) wäre ein Grenzwert sinnvoll. Die Polizei führt indes im Grenzraum zu Deutschland Schwerpunktkontrollen durch.

Eine Expertenkommission schlug der deutschen Bundesregierung laut Medienberichten aus der Vorwoche 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut als Grenzwert vor. Dieser Wert würde einem Alkohollimit von 0,2 Promille entsprechen.

Innenministerium: Kein Kavaliersdelikt

„Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm dazu bekannt, im Sinne der Verkehrssicherheit bessere Möglichkeiten zur Kontrolle von akuten Fahrtüchtigkeitsbeeinträchtigungen durch die Exekutive zu erarbeiten“, teilte das Verkehrsministerium der APA mit.

Ein mögliches Instrument dafür seien objektive Grenzwerte nach internationalem Vorbild. Aber: „Ein entsprechender Vorschlag des Verkehrsministeriums hat bisher keine Zustimmung des Koalitionspartners erhalten und wird daher nicht weiterverfolgt“, wurde betont.

Aus dem ÖVP-geführten Innenministerium hieß es, dass Personen, die berauschende Mittel zu sich genommen haben, keinesfalls ein Fahrzeug lenken sollten. Berauscht zu fahren sei nie ein Kavaliersdelikt, auch nicht bei Cannabiskonsum.

Coronavirus

Während der Pandemie ist im Messengerdienst Telegram ein Netzwerk von Maßnahmengegnern und -gegnerinnen entstanden, in dem Verschwörungstheorien und Rechtsextremismus eine Rolle spielen. Dieses Netzwerk gibt es weiterhin, zeigt ein Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen.

Geteilte Inhalte richteten sich häufig gegen Minderheiten, etablierte Medien und politische Institutionen. Das Gefährdungspotenzial für einzelne Gruppen steige dadurch, sagte Studienautor Philipp Pflegerl.

Die Bundesstelle hat von Jänner 2020 bis September 2023 287 öffentliche Telegram-Kanäle aus Österreich untersucht, die der CoV-Protestbewegung zugerechnet werden können. Dieses heterogene, aber stark verbundene Netzwerk sei parallel zu den Demonstrationen auf den Straßen entstanden, sagte Studienautor Felix Lippe.

Verschwörungstheorien erreichen mehr Menschen

In der CoV-Protestbewegung waren dabei laut Studie nicht nur Kanäle aktiv, die primär Maßnahmengegnern zugeordnet werden, sondern auch solche aus den Bereichen Rechtsextremismus, „alternative Medien“, Esoterik und Spiritualität, Parteipolitik und Verschwörungsmilieus. Im Netzwerk repräsentiert seien außerdem politische Player wie die Impfgegnerpartei MFG und die maßnahmenkritische FPÖ gewesen.

Krisen würden im Netzwerk häufig mit Verschwörungstheorien erklärt, den Menschen werde Angst gemacht. Verschwörungstheoretische und extremistische Inhalte würden nun viel mehr Menschen erreichen, sagte Bundesstelle-Geschäftsführerin Ulrike Schiesser, etwa Personen aus dem Esoterikbereich, die nur durch CoV-Maßnahmen-kritische Kanäle auf diese Milieus gestoßen sind.

Mittlerweile habe die Zahl der Aufrufe der Kanäle wieder abgenommen, so Lippe. Diese erreichten im Jänner 2022 mit rund neun Millionen pro Tag ihren Höhepunkt, im April 2023 gingen sie auf vier Millionen zurück. Noch im März 2020 – zu Beginn der Pandemie – lagen sie bei 100.000.

Ukraine-Krieg

In der Ukraine hat sich ein Minister laut Ermittlungen des nationalen Antikorruptionsbüros staatliche Grundstücke im Millionenwert angeeignet. Zusammen mit anderen Beteiligten habe der Ex-Vorsitzende des Agrarausschusses 1.250 Grundstücke mit einer Fläche von knapp 2.500 Hektar in seinen Besitz gebracht, teilte das Büro heute mit.

Mehrere ukrainische Medien meldeten, dass es sich dabei um Landwirtschaftsminister Mykola Solskyj handle. Den Angaben nach wurden dabei zwischen 2017 und 2021 Grundstücke eines staatlichen Unternehmens im nordukrainischen Gebiet Sumy an neue Eigentümer übertragen.

Solskyjs Agrarholding erhielt diese dann zur Nutzung. Neben dem Minister werden auch Mitarbeiter des Katasteramts der Korruption verdächtigt. Der Versuch, sich weitere mehr als 3.200 Hektar anzueignen, sei verhindert worden.

Solskyj war 2019 bei der von Präsident Wolodymyr Selenskyj eingeleiteten vorgezogenen Parlamentswahl über die Liste der Präsidentenpartei in die Oberste Rada gelangt. Der Jurist leitete von 2019 bis zu seiner Ernennung zum Agrarminister im März 2022 den Agrarausschuss. Seit Tagen wird in ukrainischen Medien über die Entlassung mehrerer Minister spekuliert, darunter auch Solskyj.

Großbritannien hat der Ukraine sein bisher größtes Hilfspaket mit Dutzenden Kampfbooten, Hunderten Fahrzeugen, mehr als 1.600 Raketen und Millionen Schuss Munition versprochen.

„Die Verteidigung der Ukraine gegen die brutalen Ambitionen Russlands ist für unsere Sicherheit und für ganz Europa von entscheidender Bedeutung“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak einer Mitteilung von gestern Abend zufolge vor einem Besuch in Polen.

„Sollte (der russische Präsident Wladimir, Anm.) Putin in diesem Angriffskrieg Erfolg haben, wird er nicht vor der polnischen Grenze haltmachen.“ Der Mitteilung zufolge geht es um die schnelle Lieferung von Munition, Flugabwehr, Drohnen und technischer Unterstützung im Wert von 500 Millionen Pfund (ca. 580 Mio. Euro).

Sunak will sich heute in Warschau mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg treffen. Dabei wollten sie über weitere Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland sprechen. Morgen will sich Sunak in Berlin mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz treffen.

US-Senat berät über Milliardenhilfspaket

Nach dem Beschluss der milliardenschweren Hilfen für die Ukraine durch das US-Repräsentantenhaus wird sich heute der Senat in Washington mit der Gesetzesvorlage befassen. Die Zustimmung auch dieser Kongresskammer zu den Hilfen in Höhe von 61 Milliarden Dollar (rund 57 Mrd. Euro) für das von Russland angegriffene Land gilt als sicher, da im Senat die Demokraten von US-Präsident Joe Biden die Mehrheit stellen.

Insgesamt hat das nun dem Senat vorliegende Gesetzespaket ein Volumen von 95 Milliarden Dollar, zu ihm gehören auch Hilfen für Israel, für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen sowie für Taiwan.

Die Auslandshilfen waren nach monatelangem Ringen am Samstag vom Repräsentantenhaus mit breiter Mehrheit verabschiedet worden. Ultrarechte Abgeordnete der Republikaner lehnen die Ukraine-Hilfen jedoch weiterhin vehement ab und drohen dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, der der Verabschiedung den Weg geebnet hatte, mit seiner Absetzung.

Wirtschaft

Der neue Kollektivvertrag für die rund 20.000 Postlerinnen und Postler sowie Lehrlinge der Österreichischen Post steht. Für die Monate Juli bis Dezember bekommen alle Vollzeitbeschäftigten monatlich 200 Euro netto, Teilzeitbeschäftigte in aliquoter Höhe. Darauf haben sich die Post-Gewerkschaft und das Post-Management in der dritten Verhandlungsrunde geeinigt.

Mit Jänner 2025 werden die Gehälter, Zulagen und Lehrlingseinkommen um 6,45 Prozent erhöht. Lehrlinge bekommen zwischen Juli und Dezember eine monatliche Teuerungsprämie von 70 Euro. Lehrlinge der teilstaatlichen Österreichischen Post bekommen künftig im ersten Lehrjahr zumindest 1.000 Euro brutto pro Monat.

Das Nachtdienstentgelt wird mit 1. Jänner 2025 um bis zu 20,45 Prozent erhöht. Der neue Post-Kollektivvertrag gilt ab 1. Juli und wurde für zwölf Monate vereinbart.

Weiter keine Einigung bei AUA-Bordpersonal

In der Frühjahrslohnrunde hatten sich gestern Abend auch die Elektro- und Elektronikindustrie in der dritten Runde recht rasch auf einen neuen Kollektivvertrag verständigt. Bei der AUA hingegen ziehen sich die Gespräche seit vielen Wochen hin, auch über 20 Runden haben bisher keine Einigung gebracht.

US-Wettbewerbshüter wollen den Milliardendeal verhindern, der bekannte Modemarken wie Coach, Michael Kors und Versace unter ein Dach bringen soll. Die Aufsichtsbehörde FTC argumentierte gestern in einer Klage, der Zusammenschluss könne zu höheren Preisen vor allem für Handtaschen und Accessoires führen. Die Unternehmen wollen weiter um die Übernahme kämpfen.

Der rund 8,5 Milliarden Dollar (etwa acht Mrd. Euro) schwere Zusammenschluss war im August angekündigt worden. Dabei will der US-Konzern Tapestry, dem die Marken Coach, Kate Spade und Stuart Weitzman gehören, die Holding Capri kaufen, die Michael Kors, Versace und Jimmy Choo kontrolliert.

Die FTC betont, vor allem Coach und Michael Kors seien auf dem Handtaschenmarkt scharfe Konkurrenten – und mit der Übernahme würde das gemeinsame Unternehmen in den USA eine beherrschende Position auf dem Markt erlangen. Tapestry sei schon zuvor in Einkaufslaune gewesen, und der Zusammenschluss werde weitere Übernahmen von Konkurrenten noch einfacher machen. Gemeinsam hätten die Firmen rund 33.000 Beschäftigte weltweit.

Position im „erschwinglichen Luxussegment“ ausbauen

Tapestry-Chefin Joanne Crevoiserat sagte dem Finanzdienst Bloomberg, die beiden Unternehmen konkurrierten mit Hunderten anderen Marken. „Die FTC hat den Markt und das Shoppingverhalten der Verbraucher grundlegend missverstanden“, kritisierte sie. Auf dem Markt gebe es eine Vielfalt an Marken zu verschiedenen Preisen. Man werde den Deal vor Gericht verteidigen und hoffe weiter, ihn noch in diesem Jahr abzuschließen.

Crevoiserat will mit der Übernahme die Position im „erschwinglichen Luxussegment“ ausbauen, in dem die Artikel teuer, aber günstiger sind als von Nobelmarken wie etwa Louis Vuitton aus dem europäischen Konglomerat LVMH.

Umwelt & Klima

Der Schaumweinhersteller Freixenet hat angesichts der Trockenheit in Spanien einen Plan zur vorübergehenden Entlassung von fast 80 Prozent seiner Belegschaft angekündigt. Die Umsetzung werde je nach Jahreszeit und Dürresituation variieren, teilte das für seinen Cava bekannte Unternehmen aus Katalonien gestern mit.

Archivbild des spanischen Schaumweinherstellers Freixenet
Reuters/Albert Gea

Ziel sei, die Überlebensfähigkeit des Geschäfts zu sichern. Der Plan sei Behörden und Gewerkschaften vorgelegt worden. Wird er umgesetzt, wären ab Mai 615 Mitarbeiter betroffen. Wann diese an ihre Arbeitsplätze zurückkehren sollen, wurde nicht mitgeteilt.

Alte Rebstöcke verdorrt

Nach spanischem Recht können Firmen in Ausnahmesituationen Beschäftigte vorübergehend freistellen und deren Verträge aussetzen. Teile der Iberischen Halbinsel leiden unter der schwersten Trockenperiode seit mutmaßlich 1.200 Jahren. In Freixenets Heimatregion Katalonien herrscht die schlimmste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen. In der Penedes-Region gibt es so wenig Wasser, dass 30 Jahre alte Rebstöcke abgestorben sind.

UNO: Klimawandel mit Risiken für 70 Prozent der Arbeitskräfte

Am selben Tag warnte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der UNO in einem Bericht, der Klimawandel würde für mehr als 70 Prozent aller Arbeitskräfte weltweit Sicherheits- und Gesundheitsrisiken mit sich bringen.

Schon jetzt, so die ILO-Schätzung, seien 2,4 der weltweit 3,4 Milliarden Arbeitskräfte während ihrer Arbeitszeit irgendwann übermäßiger Hitze ausgesetzt. Fast 19.000 Menschen kämen jedes Jahr wegen übermäßiger Hitze beim Arbeiten ums Leben, schätzt die ILO.

Gefahren durch extremes Wetter

Hitze und UV-Strahlung sind laut diesem Bericht die größten Gefahren. Die ILO nennt aber auch das Arbeiten bei Extremwetterereignissen, etwa für Fischer, sowie Nothelfer und Aufräumtrupps nach Katastrophen.

Chronik

Erneut ist der Osten Taiwans von heftigen Erdstößen erschüttert worden. Laut Angaben der zuständigen taiwanischen Wetterbehörde ereigneten sich die Beben der Stärken 6,3 und 6,0 heute Früh (Ortszeit). Das Zentrum des stärksten Bebens lag etwa 17 Kilometer südlich bis südwestlich des Sitzes der Bezirksregierung von Hualien.

Die Erdstöße wurden in einer Tiefe zwischen 5,5 und zehn Kilometern registriert. Auch in der Hauptstadt Taipeh waren die Erschütterungen deutlich zu spüren.

Schon am Vortag verzeichneten die Behörden eine Reihe von Beben, von denen das stärkste einen Wert von 5,9 erreicht hatte. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es nicht. Allerdings beobachtete die Feuerwehr nach eigenen Angaben zwei leerstehende Gebäude, die bei dem schweren Beben Anfang des Monats beschädigt wurden und nun in Schieflage geraten sind.

Das nach einem weiteren Beben noch mehr in Schräglage geratene Full Hotel in Hualien (Taiwan)
APA/AFP/Cna

Starke Regenfälle erwartet

Für die kommenden Tage erwarteten die Meteorologen starke Regenfälle. Taiwans Ministerpräsident Chen Chien-jen forderte die Evakuierung in von Muren bedrohten Gebieten der bergigen Gegenden Hualiens. Schulen in der Region blieben heute geschlossen.

Die Behörden Taiwans erklärten, die neuerlichen Beben seien noch Nachbeben der Erschütterungen vom 3. April. Damals waren mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Seitdem seien insgesamt 1.110 Erdstöße verzeichnet worden. Taiwan liegt am Rand zweier tektonischer Platten und gilt deshalb als erdbebengefährdetes Gebiet.

Kultur

Ein dreiköpfiges Team soll ab Sommer nächsten Jahres die Intendanz des Deutschen Nationaltheaters (DNT) und der Staatskapelle Weimar übernehmen.

Nach einem intensiven Auswahlprozess entschied sich eine Findungskommission erstmalig für ein Intendanzteam, wie die Thüringer Staatskanzlei mitteilte. Das Team bestehe aus dem österreichischen Regisseur Valentin Schwarz, Dorian Dreher und Timon Jansen als Kointendanten.

Regisseur Valentin Schwarz
picturedesk.com/dpa/Daniel Vogl

Die Berufung erfolgt zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Schwarz soll die Funktion des Chefregisseurs und künstlerischen Geschäftsführers übernehmen. Er wird zwei Inszenierungen im Musiktheater pro Spielzeit vornehmen.

Dreher soll die Funktion des Operndirektors ausüben und Jansen die Aufgabe des Schauspieldirektors. Sabine Rühl nimmt weiterhin die kaufmännische Geschäftsführung des Theaters wahr und komplettiert damit das Leitungsteam.

Leute

Der langjährige ehemalige Präsident von SOS-Kinderdorf, Helmut Kutin, ist tot. Der Ehrenpräsident sei im Alter von 82 Jahren in Thailand gestorben, teilte die Organisation heute in einer Aussendung mit.

Kutin war von 1985 bis 2012 Präsident von SOS-Kinderdorf International sowie bis 2017 von SOS-Kinderdorf Österreich. „Wir sind dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz und sein Wirken“, so Geschäftsführer Christian Moser.

Verbundenheit seit der eigenen Kinderdorf-Kindheit

Kutin wurde 1941 in Bozen in Südtirol geboren und wurde nach einer Familientragödie im ersten SOS-Kinderdorf der Welt in Imst aufgenommen. Während seines Studiums der Volkswirtschaft begann er im Tourismus zu arbeiten, wurde bald aber selbst auch beruflich für SOS-Kinderdorf aktiv. Ab 1967 verantwortete er den Bau des ersten vietnamesischen SOS-Kinderdorfes.

Er prägte die Entwicklung und Expansion von SOS-Kinderdorf in Asien und weltweit maßgeblich mit und wurde 1985 zum Nachfolger von SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner als Präsident von SOS-Kinderdorf International und von SOS-Kinderdorf Österreich bestellt.

2012 übergab er die Präsidentschaft von SOS-Kinderdorf International an Siddhartha Kaul sowie 2017 den Vorsitz des Aufsichtsrats von SOS-Kinderdorf in Österreich an Irene Szimak. Seitdem trug er den symbolischen Titel des Ehrenpräsidenten von SOS-Kinderdorf Österreich.