Ukraine-Krieg

Die ostukrainische Millionenstadt Charkiw ist nach Behördenangaben in der Nacht erneut von der russischen Luftwaffe mit Fliegerbomben angegriffen worden. Dabei sei mindestens ein Mensch getötet worden, berichtete der Gouverneur des Gebiets Charkiw, Ihor Terechow, auf Telegram.

Außerdem gebe es 19 Verletzte, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj später am Abend auf Facebook mit. Mehrere fünfgeschossige Wohnhäuser seien beschädigt worden, ebenso ein Institut für Notfallchirurgie. Nach Angaben der örtlichen Polizei war es seit dem ersten Kriegsjahr 2022 der erste Luftangriff mit Bomben, die von feindlichen Flugzeugen abgeworfen wurden.

Kaum Zeit, Schutz zu suchen

Die Großstadt Charkiw liegt nur etwa 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Sie wird fast täglich von Russland mit verschiedenen Waffen beschossen. Wegen der kurzen Distanz zur Grenze haben die Menschen bei Luftalarm oft kaum Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Vergangene Woche verursachte ein russischer Raketenangriff einen vollständigen Stromausfall in der zweitgrößten Stadt der Ukraine, dessen Folgen noch andauern. Ein großes Strom- und Wärmekraftwerk wurde beschädigt und kann nicht repariert werden.

Selenskyj besuchte Grenzgebiet Sumy

Inmitten der anhaltenden Kämpfe reiste Selenskyj in das an Russland grenzende Gebiet Sumy im Nordosten der Ukraine. Er habe dort unter anderem verwundeten Soldaten Auszeichnungen überreicht, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache, die er vor Ort aufnahm. Das ukrainische Präsidialamt veröffentlichte darüber hinaus Fotos, die zeigen, wie Selenskyj Schützengräben inspiziert. Sumy grenzt auf russischer Seite an die Gebiete Brjansk, Kursk und Belgorod.

Drohneneinschlag in Verwaltungsgebäude in Belgorod

Auch die grenznahe russische Stadt Belgorod meldete wieder Beschuss. Laut Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow stürzte eine Drohne in ein Verwaltungsgebäude. Dabei sei eine Frau verletzt worden. In einigen Telegram-Kanälen war von mehreren Verletzten die Rede. Demnach soll es sich bei dem betroffenen Gebäude um die Innenbehörde der Region handeln. Das russische Verteidigungsministerium ging auf den Treffer nicht ein, sondern sprach lediglich von drei Drohnen, die erfolgreich von der Luftverteidigung abgewehrt worden seien.

Wegen des Drucks aus der Landwirtschaft will eine Mehrheit der EU-Staaten strengere Zollvorgaben für bestimmte Lebensmittel aus der Ukraine.

Die Botschafter der EU-Staaten einigten sich gestern Abend auf einen neuen Kompromiss zu Zollvorgaben für ukrainische Agrarprodukte, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Dieser sieht vor, dass weniger Waren als ursprünglich vorgesehen zollfrei in die EU verkauft werden dürfen. Betroffen sind unter anderem Produkte wie Eier, Geflügel, Zucker und Mais. Die Verschärfung der Vorgaben braucht auch im Europaparlament eine Mehrheit. Sind bestimmte Kontingente, gemessen am Durchschnitt von 2021 bis 2023 erfüllt, sollen Zölle fällig werden, hieß es zuletzt.

Ausland

Der ehemalige US-Senator und erste jüdische Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten, Joseph – „Joe“ – Lieberman ist im Alter von 82 Jahren in New York gestorben. Ursache seien „Komplikationen nach einem Sturz“ gewesen, zitierten US-Medien die Familie des Politikers gestern. Lieberman war lange Jahre Senator für den Bundesstaat Connecticut und stand im Präsidentschaftswahlkampf 2000 an der Seite des demokratischen Kandidaten Al Gore.

der frühere US-Senator Joe Lieberman
APA/AFP/Olivier Douliery

Gore verlor damals mit hauchdünnem Rückstand gegen den Republikaner George W. Bush. Die Wahl musste letztlich vom Obersten Gericht entschieden werden.

Unterstützte Irak-Krieg

2004 bewarb Lieberman sich erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. 2003 hatte der außenpolitische Hardliner sich mit vielen seiner Parteikollegen wegen seiner Unterstützung des Irak-Kriegs überworfen. Gleichzeitig vertrat Lieberman liberale soziale Ansichten, etwa bei den Themen Waffenrechte und Abtreibung.

2006 verlor Lieberman die demokratische Vorwahl zum Wiedereinzug in den Senat, behielt schließlich aber als unabhängiger Kandidat seinen Sitz. 2013 zog er sich zunächst aus der Politik zurück. 2023 kehrte er auf die politische Bühne zurück, als eines der Gesichter der Organisation No Labels, die den US-Bürgern eine dritte Wahlmöglichkeit bei Präsidentschaftswahlen geben möchte.

Die US-Regierung hat gestern Pläne, einen neuen Termin für Gespräche mit einer israelischen Delegation über die umstrittene geplante Offensive in Rafah zu finden, bestätigt.

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten, Benjamin Netanjahu, habe zugestimmt, sagte US-Präsidialamtssprecherin Karine Jean-Pierre. Von israelischer Seite hieß es, eine Delegation könnte in der kommenden Woche entsandt werden. Diese sollte weiter vom Minister für strategische Fragen, Ron Dermer, und dem Nationalen Sicherheitsberater Zachi Hanegbi geleitet werden. Beide sind enge Vertraute Netanjahus. Netanjahus Büro hatte einem Bericht des US-TV-Senders NBC zufolge zuvor das US-Präsidialamt um einen neuen Termin für Gespräche über Rafah gebeten.

Der militärische Arm der radikalislamischen Hamas hat gestern eine Audioaufnahme veröffentlicht, auf der Muslime und Musliminnen auf der ganzen Welt zur „Befreiung“ der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem aufgerufen werden.

Zu hören sein soll darauf der Anführer Mohammed Deif, zu sehen ist nur ein Schatten. Weder die Authentizität noch das genaue Datum der Aufnahme, die im Telegram-Kanal der Al-Aksa-Brigaden veröffentlicht wurde, ließen sich klären.

Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober

Muslime in verschiedenen arabischen Ländern wurden darin aufgerufen, „in Richtung Palästina zu marschieren, jetzt, nicht morgen“. Sie sollten sich nicht von Grenzen, Staaten und Restriktionen daran hindern lassen, „an der Befreiung von Al-Aksa teilzunehmen“, hieß es in der 35 Sekunden langen Aufnahme.

Deif gilt gemeinsam mit dem Hamas-Chef im Gazastreifen, Jahja Sinwar, als Planer des Massakers am 7. Oktober in Israel. In einer seltenen Botschaft hatte Deif an jenem Tag eine „Militäroperation“ gegen Israel angekündigt.

Die Al-Aksa-Moschee steht auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem, der drittheiligsten Stätte im Islam. Die Anlage ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Zehntausende Muslime beten dort während des Fastenmonats Ramadan.

Nach dem Terroranschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau ist die Zahl der Toten auf 143 gestiegen. Das geht aus einer Liste hervor, die der russische Zivilschutz gestern Abend veröffentlichte.

Zuvor hatte das Gesundheitsministerium von 140 Toten gesprochen. Nach Angaben von Behördenleiter Michail Muraschko liegen weiter 80 Opfer des Anschlags in Spitälern in Moskau und im Umland, darunter sechs Kinder. Bei vier Patienten sei der Zustand weiter sehr kritisch.

360 Menschen verletzt

Bei dem Anschlag am Freitag hatten vier Bewaffnete in der Konzerthalle Crocus City Hall um sich geschossen. Laut letzten Angaben wurden 360 Menschen verletzt, 155 von ihnen mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte diesen seit Jahren schlimmsten Anschlag in Russland für sich.

Auch russische Politiker sprechen von islamistischen Terroristen. Sie unterstellen aber, diese könnten im Auftrag der Ukraine oder deren westlicher Unterstützer gehandelt haben. Beweise legen sie dafür nicht vor. Die Behörden ermitteln wegen Terrorismus und haben bisher elf Personen festgenommen, darunter die vier mutmaßlichen Schützen. Sie stammen den gefundenen Pässen nach aus der zentralasiatischen Republik Tadschikistan.

Warschau hat den polnischen Eurokorps-Kommandeur wegen Spionageermittlungen abberufen. Wie das Verteidigungsministerium in Warschau gestern bekanntgab, sei „nach neuen Informationen über den Offizier“ eine „Kontrolluntersuchung“ über den Zugang des Generals Jaroslaw Gromadzinski zu geheimen Informationen eingeleitet worden.

Der 53-Jährige hatte im Juni 2023 die Führung des Eurokorps übernommen – rund eineinhalb Jahre, nachdem Polen der multinationalen Einsatztruppe als sechstes Mitglied beigetreten war. Das 1992 auf Initiative Deutschlands und Frankreichs gegründete Eurokorps ist eine schnelle Einsatztruppe, die der NATO und der EU zur Verfügung steht.

Hauptaufgabe ist die Leitung und Koordination großer internationaler Militäreinsätze. Das Eurokorps kann bis zu 60.000 Soldaten und Soldatinnen führen, das Hauptquartier in Straßburg besteht aus einem Stab mit Unterstützungseinheiten mit rund tausend Bediensteten. Die Truppen stammen aus zahlreichen europäischen Ländern.

Die „Rahmennationen“ sind Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, Luxemburg und seit 2022 Polen. Als assoziierte Nationen sind Griechenland, Italien, Rumänien, die Türkei und Österreich beteiligt.

Der tschechische Geheimdienst hat laut eigenen Angaben ein von Moskau finanziertes Propagandanetzwerk auffliegen lassen. Die Gruppe habe die in Prag ansässige Nachrichtenseite Voice of Europe genutzt, um Informationen zu verbreiten, mit denen die EU davon abgehalten werden sollte, der Ukraine im Kampf gegen die russische Armee Hilfe zu leisten, teilte Ministerpräsident Petr Fiala gestern mit.

Laut Fiala fand der tschechische Sicherheitsinformationsdienst (BIS) heraus, dass das prorussische Netzwerk Aktivitäten unternahm, die „ernsthafte Auswirkungen auf die Sicherheit der Tschechischen Republik und der EU“ haben. Die Gruppe habe auf dem Gebiet der EU „gegen die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine“ agitiert, sagte Fiala. Die Aktivitäten hätten bis zum Europäischen Parlament gereicht, so Fiala, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Politiker sollen Geld bekommen haben

Die tschechische Tageszeitung „Denik N“ berichtete, die Nachrichtenseite habe Erklärungen von Politikern veröffentlicht, die die EU aufforderten, ihre Hilfen für die Ukraine einzustellen. Einige europäische Politiker, die mit der Nachrichtenseite zusammenarbeiteten, seien mit russischen Geldern bezahlt worden, die in einigen Fällen auch ihren Wahlkampf für die Europawahlen im Juni abdeckten.

Die Zahlungen sollen Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen erhalten haben, schreibt das Blatt unter Berufung auf eine Quelle im tschechischen Außenministerium.

Inland

Italien und Österreich wollen künftig noch stärker im Bereich Migration zusammenarbeiten und vor allem die Kooperation mit Drittstaaten weiter intensivieren. Es sei ihm ein „enorm wichtiges Anliegen“, das er auch auf europäischer Ebene vorantreiben wolle, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Piantedosi gestern in Wien.

Gemeinsam mit Dänemark als Gastgeber organisiert Österreich deshalb Anfang Mai eine Konferenz für Staaten, die sich Migrationsdeals mit Drittstaaten – ähnlich jenem zwischen Italien und Albanien – für ihr Land vorstellen können. An der Konferenz am 6. Mai in Kopenhagen sollen nach Informationen aus dem Innenministerium neben interessierten EU-Ländern auch die EU-Kommission und ausgewählte Drittstaaten teilnehmen.

Karner nannte Ruanda (Großbritannien plant einen Asylpakt mit dem ostafrikanischen Land) und das Migrationsabkommen zwischen Italien und Albanien, das im Februar vom Parlament in Tirana ratifiziert wurde, als Vorbilder.

Auf die Frage, mit welchem Land er sich ein solches Abkommen vorstellen könnte, wollte der Innenminister keine konkreten Aussagen machen. Er ließ jedoch wissen, dass „immer mehr Länder“ ähnliche Schritte machen wollten, bisher aber die rechtlichen Rahmenbedingungen fehlten.

Eine Tochterfirma der insolventen Signa Holding von Rene Benko muss eine Millionenforderung des früheren Bundeskanzlers und ÖVP-Chefs Sebastian Kurz – respektive seiner Firma SK Management – nicht begleichen.

Das Unternehmen fehlte laut „profil“ auf der entsprechenden Gläubigerliste der Signa SFS. Ein Sprecher der Kurz-Firma bestätigte auf Anfrage des Nachrichtenmagazins, dass die Forderung nicht geltend gemacht wurde. Das werde auch in Zukunft nicht erfolgen.

Gusenbauer meldete Forderungen an

Ende Jänner hatte die SK Management GmbH noch verlauten lassen, eine offene Honorarforderung von 1,65 Millionen Euro im Insolvenzverfahren geltend machen zu wollen. Bis 6. März hätte eine Anmeldung erfolgen müssen. Das geschah nicht. Wie viel von der Millionenforderung der Signa SFS noch zu holen gewesen wäre, ist offen, laut Magazinbericht wohl nicht mehr allzu viel.

Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) brachte unterdessen eine Millionenforderung gegen eine Signa-Gesellschaft bei Gericht ein. Über sein Beratungsunternehmen geht es laut Medienberichten um Forderungen in Höhe von etwa 6,3 Mio. Euro. Gusenbauer hat die Chance, ein knappes Drittel davon zu retten.

Ob Dominik Wlazny mit seiner Bierpartei bei der kommenden Nationalratswahl antreten wird, ist weiterhin unklar. Mitte Jänner kündigte er an anzutreten, sofern die Partei bis Ende April 20.000 Mitglieder bzw. 1,2 Millionen Euro aufgestellt hat. Einen Monat vor Ende der selbstauferlegten Frist liegt die Partei bei knapp der Hälfte.

So richtig ausschließen wollte er ein Antreten bei Verfehlen dieses Ziels gestern bei einer Pressekonferenz aber auch nicht. „Der 30. April wird ein wichtiger Tag. Wir werden einen Kassensturz machen und dann entscheiden, wie es weitergeht“, antwortete Wlazny auf eine Journalistenfrage, was passiere, wenn man das Ziel nicht erreiche.

Bisher habe man etwas mehr als eine halbe Million Euro lukriert – eine Mitgliedschaft kostet 59 Euro. Klar sei aber, man brauche die Mitglieder nicht primär, um eine Kampagne zu führen und zu finanzieren, sondern „um eine parlamentsfitte Partei aufzustellen“. In den kommenden vier Wochen wolle man weiter um Mitglieder werben, nach Veranstaltungen in Wien, Graz und Salzburg demnächst in Innsbruck und Linz.

EU

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur in seiner derzeitigen Form eine klare Absage erteilt. „So wie es jetzt vorliegt, ist es ein sehr schlechtes Abkommen. Dieser Vertrag wurde vor 20 Jahren ausgehandelt. Das ist nicht, was wir wollen“, sagte er gestern (Ortszeit) bei einem Besuch in der brasilianischen Wirtschaftsmetropole Sao Paulo.

„Lasst uns ein neues, verantwortungsvolleres Abkommen aushandeln, das sich an unseren Zielen und der Realität orientiert und das der Entwicklung, dem Klima und der biologischen Vielfalt Rechnung trägt.“ Der brasilianische Vizepräsident Geraldo Alckmin und Wirtschaftsminister Fernando Haddad hingegen hatten zuvor im Grundsatz für das Freihandelsabkommen geworben.

Macron einer der schärfsten Kritiker

Ausgerechnet der Wirtschaftsliberale Macron, im eigenen Land mit Bauernprotesten konfrontiert, gehört in der EU zu den schärfsten Kritikern des Vertrags. Er bemängelt vor allem, dass sich europäische Landwirte und Unternehmen an strenge Vorgaben zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen halten müssten, während künftig die Zölle auf Produkte aus Südamerika aufgehoben würden, die nicht nach den gleichen Regeln hergestellt werden.

Mit dem Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur-Bündnis mit seinen Mitgliedsstaaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen. Es soll vor allem Zölle abbauen und damit den Handel ankurbeln.

Seit 2019 fertig ausverhandelt

Seit 2019 liegt das fertig ausgehandelte Abkommen allerdings auf Eis. Der Vertrag ist sowohl in Südamerika als auch in Europa umstritten. Einige Länder wollen ihre Märkte schützen, andere fürchten die Aufweichung von Arbeits- und Umweltstandards.

Im Streit über eine verschärfte Regulierung in der Europäischen Union hat der US-Onlinehandelskonzern Amazon eine juristische Schlappe erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies gestern eine von Amazon eingereichte Klage gegen bestimmte Auflagen im Rahmen des „Digital Services Act“ (DSA) ab.

Das Gesetz stuft den US-Konzern als sehr große Onlineplattform (VLOP) ein und verpflichtet ihn unter anderem dazu, detaillierte Informationen zu seinem Geschäft mit Internetanzeigen offenzulegen. Dagegen hat Amazon geklagt und bis zu einer Entscheidung eine Aussetzung dieser Anforderung beantragt, die von einer unteren Instanz zunächst gewährt wurde.

Der EuGH kassierte dieses Urteil jedoch. Zwar schränke die umstrittene DSA-Klausel die unternehmerische Freiheit von Amazon ein, und dem Unternehmen drohe bis zu einem Urteil im Hauptverfahren ein ernsthafter Schaden. Allerdings überwögen im konkreten Fall die Interessen des Gesetzgebers.

Amazon äußerte sich enttäuscht über das Urteil. Außerdem bekräftigte es seine Einschätzung, dass es nicht unter die Definition einer VLOP falle.

Wirtschaft

Der Streit über den Kollektivvertrag (KV) für das Bodenpersonal der deutschen Lufthansa ist beigelegt. Nach einer erfolgreichen Schlichtung haben sich die Fluglinie und die Gewerkschaft ver.di auf Grundzüge eines neuen KV für die rund 25.000 Beschäftigten geeinigt, wie sie gestern Abend in Frankfurt bekanntgaben.

Damit sind Streiks dieser Beschäftigtengruppe über die Osterferien abgewendet. In einer Urabstimmung hatten bereits mehr als 90 Prozent der Beschäftigten für unbefristete Streiks gestimmt.

Beide Seiten „sehr zufrieden“

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Schlichtung“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. Er rechne fest mit einer Zustimmung der Tarifkommission wie auch der Beschäftigten. Michael Niggemann, Personalvorstand der Lufthansa, sagte, man sei ebenfalls sehr zufrieden. „Aber vor uns liegen hohe Investitionen“. Die vereinbarten Gehaltssteigerungen lösten zusätzliche Kosten aus.

Details sollen folgen. Die Gewerkschaft hatte für die Beschäftigten der Bodendienste bei einer Laufzeit von einem Jahr 12,5 Prozent mehr Gehalt verlangt, während das Unternehmen bei einer Laufzeit von 28 Monaten zehn Prozent angeboten hatte. Ver.di organisierte beim Bodenpersonal bereits fünf Warnstreikrunden, in deren Folge Hunderte Flüge ausfielen.

Im vergangenen Jahr hat die Arbeiterkammer bundesweit rund 2,3 Mio. Beratungen durchgeführt. Das ist ein neuer Rekordwert, wie Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl und AK-Direktorin Silvia Hruska-Frank gestern bekanntgaben. Zudem wurden 171.000 Rechtsvertretungen übernommen. Fragen zu Kündigungen, zum Gehalt bzw. zu unbezahlten Überstunden machen mit rund zwei Dritteln den Großteil der Konsultationen aus.

383.000 Beratungen wurden persönlich durchgeführt, der Rest telefonisch oder schriftlich. Auch finanziell hat sich so manche Unterstützung ausgezahlt. Laut AK wurden 2023 insgesamt 645 Mio. Euro in Bereichen wie Arbeitsrecht oder Sozialversicherungen herausgeholt bzw. als Bildungsförderung ausbezahlt. Das ist laut AK eine Steigerung von mehr als 30 Prozent im Vergleich zu 2022.

Hilfe gebe es für alle, egal um welche Summen es gehe oder um welches Unternehmen es sich handle, beteuerte man. „Wir legen uns mit dem Bäcker um die Ecke genauso an wie mit den Großen“, sagte Anderl. Von beachtlicher Dimension waren im vergangenen Jahr zum Teil auch die Insolvenzen. Hervorgestrichen wurde hier etwa jene von kika/Leiner.

Arbeitnehmer mit höheren Forderungen

„Wir sehen, dass der Druck in der Arbeitswelt konstant ansteigt“, hielt AK-Direktorin Hruska-Frank fest. Es gebe aber auch viele Betriebe, die sich an alle Regeln halten würden. Außerdem würden immer mehr Firmen mit der Zeit gehen und etwa Verbesserungen bei den Arbeitszeiten umsetzen, fügte Präsidentin Anderl hinzu.

Das liege nicht zuletzt am Personalmangel, wie sie betonte. Der habe laut Auskunft der Betriebe dazu geführt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch entsprechende Forderungen stellen.

Chronik

Nach dem Einsturz einer großen Autobahnbrücke in der US-Stadt Baltimore haben Einsatzkräfte zwei Tote aus dem Wasser geborgen. Die Polizei des US-Bundesstaates Maryland teilte gestern Abend (Ortszeit) mit, am Vormittag hätten Taucher im Wasser ein Fahrzeug gefunden, in dem zwei Personen eingeschlossen waren.

Dienstagabend hatte die US-Küstenwache bekanntgegeben, dass die Suche nach Überlebenden angesichts der niedrigen Wassertemperatur und fortgeschrittenen Zeit eingestellt werde. Die Strömung und Trümmerteile im Wasser seien für die Rettungskräfte gefährlich. Dann hatten Taucher die Suche nach den Leichen von sechs Vermissten aufgenommen.

Schiff wird genau untersucht

Die Polizei erklärte, die Bedingungen im Wasser rund um die gewaltigen Trümmerteile seien inzwischen derart gefährlich, dass sich Taucher dort nicht mehr sicher bewegen könnten. Alle Suchbemühungen am Einsatzort seien ausgeschöpft.

Ein riesiges Containerschiff hatte die vierspurige und mehr als 2,5 Kilometer lange Autobahnbrücke in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) gerammt und so zum Einsturz gebracht. Nach Angaben des Verkehrsministers von Maryland, Paul Wiedefeld, befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks acht Bauarbeiter auf der mehr als 2,5 Kilometer langen Brücke, um Schlaglöcher auszubessern. Zwei Menschen wurden am Dienstag gerettet, von sechs weiteren fehlte bisher jede Spur. Inzwischen wird auch das Schiff untersucht.

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Kein Spielteilnehmer hat gestern die sechs Richtigen bei Lotto „6 aus 45“ erraten. Bei der nächsten Ziehung wartet ein Doppeljackpot mit knapp 1,5 Millionen Euro. Folgende Gewinnzahlen wurden gestern ermittelt:

4 11 25 26 32 41/Zusatzzahl: 36

Bei LottoPlus gab es keinen Sechser. Die richtigen LottoPlus-Zahlen:

11 15 25 37 39 41

Beim Joker wartet ebenfalls ein Jackpot mit über 600.000 Euro. Die richtige Joker-Zahl:

3 3 9 8 4 8

Alle Angaben ohne Gewähr

Kultur

Österreichs Song-Contest-Teilnehmerin Kaleen wird mit ihrer Eurodance-Nummer „We Will Rave“ beim Song Contest in Malmö mit Startnummer sechs im zweiten Halbfinale ins Rennen gehen.

Um den Bewerb möglichst spannend zu machen, wird zwar gelost, in welcher Semifinal-Show welches Land antritt, die genaue Reihenfolge wird allerdings nach dramaturgischen Kriterien festgelegt.

Der Bewerb geht wieder an drei Abenden über die Bühne. Das erste Semifinale steht am Dienstag, 7. Mai, das zweite Semifinale am Donnerstag, 9. Mai, und das Finale am Samstag, 11. Mai, auf dem Programm.

Stabil bei Buchmachern

„We Will Rave“ liegt bei den Buchmachern seit der Veröffentlichung relativ stabil im gerade noch oberen Drittel der 37 Teilnehmerländer. Aktuell als Favorit gilt Kroatiens Kandidat Baby Lasagna mit „Rim Tim Tagi Dim“, das sich sehr stark am Vorjahreszweiten Käärijä und „Cha Cha Cha“ orientiert.

Hoch gehandelt werden auch Italiens Angelina Mango („La noia“) und einmal mehr die ukrainischen Kandidaten alyona alyona & Jerry Heil mit „Teresa & Maria“.

Der österreichische Song stammt aus der Feder eines dänisch-schwedischen Teams, dessen Mitglieder auch schon teils hinter Song-Contest-Ikonen wie Loreen und Emmelie de Forest standen. Auch für die Bühnenchoreografie des Songs wird ein internationales Team verantwortlich zeichnen.

Science

Der US-israelische Psychologe Daniel Kahneman, der für seine Untersuchungen zum Umgang der Menschen mit Geld mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet wurde, ist im Alter von 90 Jahren gestorben. Das teilte die US-Elite-Universität Princeton gesterm mit, an der Kahneman bis zu seinem Tod lehrte.

der US-israelische Psychologe Daniel Kahneman
APA/AFP/Getty Images/Rob Kim

Der Autor des Bestsellers „Schnelles Denken, langsames Denken“ vertrat die Ansicht, dass das Verhalten von Menschen nicht auf einem rationalen Entscheidungsprozess, sondern oft auf instinktivem Handeln basiert.

Kahnemans ehemaliger Kollege Eldar Shafir äußerte sich in einer Pressemitteilung über den Verstorbenen: „Viele Bereiche der Sozialwissenschaften sind nicht mehr so wie zuvor, seit er auf der Bildfläche erschienen ist. Wir werden ihn sehr vermissen.“

Kahneman: Mensch agiert nicht völlig eigennützig

Für seine Forschung im Bereich der Psychologie und Wirtschaftswissenschaften wurde Kahneman 2002 mit dem Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. 2013 bekam er vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama die Presidential Medal of Freedom verliehen.

Seine populärste Theorie wandte sich gegen die traditionellen wirtschaftlichen Ansätze, wonach die Menschen völlig rational und eigennützig sind. Stattdessen vertrat er die Auffassung, dass Menschen mentale Vorurteile haben, die ihr Urteilsvermögen verzerren können.

Leute

Die amerikanische Soul-Sängerin Martha Reeves ist in Hollywood mit einer Sternenplakette geehrt worden. Die 82-Jährige enthüllte gestern (Ortszeit) den 2.776. Stern auf dem „Walk of Fame“. Als Gastredner zollten unter anderem der Musikproduzent Berry Gordy (94), Begründer des Motown-Labels in Detroit, und die Sänger Smokey Robinson (84) und Stevie Wonder (73) Tribut.

Reeves, in einem bodenlangen Kleid und einem riesigen goldfarbenen Schlapphut, erinnerte an ihre Kindheit in Detroit mit elf Geschwistern. Sie sei sehr stolz, dass sie es zu diesem Alter gebracht habe, denn einst habe sie gedacht, sie würde es nur bis 37 schaffen, sagte die Sängerin in ihrer Ansprache.

Hits wie „Dancing in The Street“

Die Sängerin feierte in den 60er-Jahren mit der Frauenband Martha Reeves & The Vandellas Hits wie „Dancing in The Street“ und „Heat Wave“. Reeves war zuvor von Motown Records entdeckt worden. Sie brachte später auch Solo-Alben heraus, darunter „Martha Reeves“ (1974), „The Rest of My Life“ (1976), „Gotta Keep Moving“ (1980) und „Home To You“ (2001).

Stevie Wonder: Auszeichnung „längst überfällig“

Der blinde Soul-Sänger Stevie Wonder („Superstition“), der als Elfjähriger bei dem Motown-Label unter Vertrag genommen wurde, dankte Reeves für deren Unterstützung. Sie habe damals seine Songs angehört, ihn zum Liederschreiben und Singen ermutigt – und davon abgehalten, zu viele Süßigkeiten zu essen, witzelte Wonder. Diese Auszeichnung für Reeves auf dem „Walk of Fame“ sei längst überfällig, sagte der Sänger, der selbst in den 90er-Jahren einen Stern auf dem berühmten Bürgersteig erhalten hat.

„Being with You“-Sänger Smokey Robinson, der 1983 seine Plakette auf dem „Walk of Fame“ enthüllte, freute sich über eine weitere Auszeichnung „für ein Mitglied der Motown-Familie“.